Protestantische Gemeinde/Evangelical Church

protkirche
Die Wartenberger Grafen, zu deren Herrschaft Sembach gehörte, waren reformiert. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es daher in dem Ort nur einen Lutheraner. Dagegen wuchs die lutherische Gemeinde nach 1730 rasch und kräftig an, so dass sie regelmäßig von dem Pfarrer in Münchweiler kirchlich versorgt werden musste. Die Grafen von Wartenberg begünstigten zudem den Zuzug von Lutheranern, um das durch den Krieg entvolkerte Land wieder zu besiedeln und um durch Steuern zusätzliche Einnahmen zu bekommen. Die lutherische Bevölkerung verfügte indes über keinen Raum, in dem der Gottesdienst abgehalten werden konnte. Trauungen und Taufen fanden in Privathäusern, Beerdigungen auf dem Friedhof in Rohrbach statt. Um den älteren Gemeindegliedern den weiten und beschwerlichen Weg von Sembach nach Münchweiler zu ersparen, begann Pfarrer Christoph Heinrich Hahn damit, Gottesdienste im Rathaus oder Amtshaus abzuhalten.1771 erwarben die Lutheraner von einer Familie Scheffler ein auf dem heutigen Spitzenberg gelegenes Gut. Es bestand aus einem Wohnhaus und einer Scheune sowie aus fünf Morgen Wiesen und Äckern. In der Scheune hielt Inspektor Rößner von Mettenheim, dem das Kirchenwesen in diesem Gebiet unterstellt war, noch im gleichen Jahr einen ersten Gottesdienst. Noch bevor die Scheuer zum Kirchlein umgebaut war, reifte in der Gemeinde der Entschluss, das Gebäude abzureißen und an seiner Stelle ein würdiges Gotteshaus zu bauen. Initiatoren dazu waren der Schultheiß Heinrich Müller und der gräfliche Kurator Casimir Wilhelm Nuntz. Für die kleine Gemeinde war dies ein großes Wagnis, das viel Ausdauer und große Opfer erforderte, zumal alle Ausgaben von den Gemeindegliedern und den Glaubensgenossen der näheren und weiteren Umgebung bestritten werden mussten.

Am 13. Mai 1773 wurde der Grundstein zur Kirche gelegt. In der eingemauerten Urkunde wird berichtet, dass damals eine geldarme Zeit war: „bei dermahligen Geldklemmer Zeiten, da das Malter Korn 6 Gulden, das Malter Gerste 5 Gulden, das Malter Spelz 4 Gulden, das Malter Hafer 3 Gulden in rheinischer Währung gegolten.“ Weiter wird in der Urkunde festgestellt, dass die Kosten „durch Mühe und Fleiß bei den Nachbarn und gutherzigen Mitchristen zusammenkollektiert und beigetragen wurden“. Der Kirchenbau wurde auch von den Grafen zu Wartenberg nachdrücklich unterstützt. Am 08. Juni 1773 stellte Friedrich Karl zu Wartenberg ein Kollektenpatent aus, dessen Original noch heute im Pfarramt zu sehen ist.

Wegen der geringen finanziellen Mittel zog sich der Bau der Kirche noch über Jahre hin. Von der Grundsteinlegung bis zur Einweihung vergingen achtzehn Jahre. Maurermeister Sebastian Weber aus Enkenbach fertigte „einen genauen und pflichtgemäßen Überschlag“, aus dem zugleich der Plan der sehr einfachen und schmucklosen Kirche zu entnehmen war. Der Bau der Kirche erforderte etwa 1000 Gulden; dabei waren Gestühl und Empore, Glocken und Orgel nicht inbegriffen. Das Bauholz wurde zu einem günstigen Preis aus den herrschaftlichen Waldungen überlassen. Hin und wieder halfen auch großmütige Gönner durch Schenkungen, so der Frankfurter Handelsmann Johann Sigmund Hahn, vermutlich ein Bruder des Pfarrers, in einer Urkunde aus dem Jahr 1785: „Auf Anweisung meines Herrn, der mich teuer erkauft hat mit seinem teueren Blut will ich die 200 Gulden an diese arme Gemeinde schenken. Der Herr segne dieses kleine Kapital zu ihrem Gotteshaus, dass in diesem möglichst viele Seelen dem Herrn Jesu zugeführt werden.“ Drei Jahre später schenkte Hahn der Gemeinde weitere 300 Gulden.

Die Kirche wird wohl schon vor ihrer endgültigen Fertigstellung in Gebrauch gewesen sein. 1773 wurde neben der Kirche ein Friedhof angelegt und bis 1826 benutzt. 1776 richtete das Konsistorium die Pfarrei Sembach ein und besetzte die Stelle mit Johann Friedrich Herzog, der als erster Pfarrer auch in Sembach wohnte. 1788 wurde der Glockenstuhl auf dem Dach der Kirche angebracht und noch im gleichen Jahr eine Glocke beschafft. Pfarrer Eichel und Kirchenvorsteher Rubel hatten in der Gemeinde und in den Nachbarorten soviel Spenden gesammelt, dass alle mit dem Geläute verbundenen Arbeiten bezahlt werden konnten. Die von der Gießerei Schrader in Frankfurt hergestellte Glocke wog 320 Pfund und läutete am Himmelfahrtstag 1788 zum ersten Mal.

Noch fehlten jedoch die Empore und eine Orgel in der Kirche. Der Pfarrer begab sich daher noch einmal auf eine Kollektenreise. Mit Beiträgen aus Württemberg und aus Straßburg konnte 1791 von der Gemeinde Sippersfeld eine alte Orgel für 125 Gulden gekauft werden. Sie wurde auf der Mitte der Empore aufgestellt, die man inzwischen in U-Form mit zwei Treppenaufgängen in das Gotteshaus eingebaut hatte. Am 25. August 1791, während der Regierungszeit des Grafen Ludwig, konnte die Kirche endlich durch Inspektor und Konsistorialrat Rößner aus Mettenheim eingeweiht werden. Seitdem wird in Sembach jeweils an dem Sonntag, der auf den 25. August folgt, das Kirchweihfest gefeiert.

Die Dorfkirche von Sembach sollte nach dem Willen ihrer Erbauer einfach und zweckmäßig sein. Baumeister und Künstler waren bei ihrer Entstehung nicht beteiligt, ihre Ausführung ist daher eher handwerksmäßig. Der rechtwinklige Raum mit einer Holzdecke hat nach einer alten Baubeschreibung eine Länge von 60 Schuh, eine Breite von 36 und ist über dem Fundament 24 Schuh hoch. Das Gebäude hat sieben Fenster: drei an der Westseite, zwei an der Ostseite und zwei mit halber Höhe an der Südseite; außerdem sind drei runde Fenster angebracht. Zwei Türen führen ins Innere des Gotteshauses, über der großen Eingangstür an der Nordseite ist die Jahreszahl 1773 eingemeißelt. Die Kirche hat eine Fläche von 153 Quadratmetern; im Schiff sind 126, auf den beiden Emporen 100 Sitzplätze. Am Ende des Mittelganges befindet sich der Altar, links an der Wand die schlichte Kanzel.

Die ländliche Kirche entstand in der Übergangszeit von Barock und Rokoko zum Klassizismus. Die Formen des Baus gehören dem zu Ende gehenden Barock an, das Türgewände am Haupteingang und die geschnitzten Holztüren lassen den Stil des Rokoko erkennen, der Orgelprospekt und der Kronleuchter weisen die Eigenheit des Klassizismus auf. Das Gotteshaus hat im Lauf seiner wechselvollen Baugeschichte mehrere Renovierungen erfahren. 1846 wurde das Innere der Kirche völlig umgestaltet. Die alte Orgel war trotz umfangreicher Reparaturen unbrauchbar geworden. Die Gemeinde beschloss daher, eine neue Orgel in Auftrag zu geben. Sie wurde 1846 von Orgelbaumeister Voit in Durlach gebaut. Mit ihrer mechanischen Traktur erzählt sie inzwischen zu den historisch wertvollen Instrumenten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

1874 schaffte die Kirchengemeinde eine zweite Glocke an. Sie wurde bei der Firma Hamm in Kaiserslautern gegossen und wog 203 Kilogramm. Im Ersten Weltkrieg wurde sie vom Staat vom Turm geholt und eingeschmolzen. 1923 ließ man beim Glockengießer Pfeiffer in Kaiserslautern erneut eine zweite Glock anfertigen, die 182 Kilogramm wog. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch sie für militärische Zwecke beschlagnahmt. 1957 wurden drei neue Glocken beschafft und feierlich in Dienst gestellt. Sie wurden von der Firma Bachert in Karlsruhe geliefert und in einen neuen Glockenstuhl aus Eisen montiert. Die alte Glocke, die 169 Jahre lang die Gläubigen zum Gottesdienst gerufen hatte, kam als Schulglocke in den Turm des Bürgermeisteramtes.

1952 war eine gründliche Renovierung der Kirche erforderlich, bei der auch die Innenwände neu gestrichen wurden. Drei Jahrzehnte später war der Zustand des Gebäudes so verändert, dass das Presbyterium 1986 beschloss, die Sembacher Kirche außen und innen zu erneuern. Mit der Instandsetzung wurde der Architekt Martin Vogel aus Godramstein beauftragt. Die Außenrenovierung wurde 1989, die Innenerneuerung 1990/91 durchgeführt. Für die Restaurierung brachten die 600 Seelen zählende Kirchengemeinde Sembach und der Kirchenbezirk, die politische Gemeinde und das Landesamt für Denkmalpflege sowie vor allem die Landeskirche erhebliche Mittel auf. Zu erwähnen sind auch die zahlreichen Arbeitsstunden, die von freiwilligen Helfern geleistet wurden.

Bei der Außenrenovierung wurden der Dachreiter restauriert, das Dach neu eingedeckt, die Wände frisch verputzt und wie früher leicht gelb gestrichen. Ebenso wurde der gesamte Innenputz abgeschlagen und ersetzt. Man baute die vordere Seitenempore aus und schrägte die Orgelempore an, damit mehr Licht in die Kirche fällt. Weitere Arbeiten betrafen die Holzdecke, die Säulen und die Kanzel, die man in ihren ursprünglichen Formen wiederherstellte. Ebenso wurden der Fußboden, die Bänke, die Türen, der Altar und der Kronleuchter erneuert.

Am 22. September 1991 beging die Muttergemeinde Sembach mit dem Parochialort Baalborn und der Tochtergemeinde Rohrbach-Wartenberg die 200-Jahrfeier und die Wiederindienststellung ihrer Kirche. Kirchenpräsident Werner Schramm hielt die Predigt des Festgottesdienstes, an dem neben Pfarrer Günter Karlmeier auch der Gesangverein Sembach, der Posaunenchor Mehlingen sowie namhafte Solisten mitwirkten. Architekt Vogel stellte den Umfang der Sanierungsarbeiten vor, Vertreter des öffentlichen und kirchlichen Lebens sprachen Grußworte. Die Veranstaltungen zu dem Jubiläum „200 Jahre Protestantische Kirche in Sembach“ wurden am Nachmittag mit einem Fest rund um die Kirche fortgesetzt und am Abend mit einer Andacht abgeschlossen.

 

Aus: „Kirchen des Landkreises Kaiserslautern – 2. Band: 18. und 19. Jahrhundert, Otterberg 1994“ von Karlheinz Schauder